Erschienen in:
07.12.2023 | Leitthema
Wenn Ärzte und Ärztinnen erkranken – Gedanken über einen Perspektivwechsel
verfasst von:
Prof. Dr. med. Thomas Bein, M.A, Prof. Dr. Bernd Schönhofer, Dr. med. Sandra Apondo
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 1/2024
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Zusammenfassung
Die Fortschritte der modernen Medizin können beträchtliche Erfolgserlebnisse – auch und gerade in der Krebsmedizin – vermitteln, und haben zu einer erheblich gestiegenen Lebenserwartung beigetragen. Ihr Beruf erfüllt viele Ärzte mit Freude, allerdings haben Mediziner selbst oft ein Problem mit der eigenen Fürsorge und Gesundheitsvorsorge. Die „klassische“ Rollenzuschreibung des Arztes, der souverän, empathisch und fachkundig seine Patienten durch eine Krise führen soll, wird durch eine eigene existenzielle Bedrohung im Rahmen einer schweren Erkrankung massiv gestört. Das Autorenteam dieses Beitrags schildert die Erfahrung eines plötzlichen Perspektivwechsels vom Arzt zum Krebspatienten und reflektiert den Verlust der ärztlichen Souveränität, die Unsicherheit der behandelnden Kollegen und die grundlegende Veränderung der beruflichen und privaten Perspektive. Die Erfahrung des Umgangs mit Leid und der Vermittlung von Trost durch „gesunde“ Ärzte als Behandler ruft eine neue Sicht auf das bisherige, scheinbar so selbstverständliche berufliche Agieren hervor. Die Art und Weise von Empathie, Körperlichkeit, Sprache und Mimik haben einen großen Einfluss auf das Gefühl von Vertrauen und die Annahme der eigenen Hilfsbedürftigkeit. Ärzte als Patienten können – gerade durch diese nachhaltige Erfahrung des Perspektivwechsels – eine Reflektion, über möglicherweise überholte Sichtweisen auf die ärztliche Rolle und den Umgang mit eigener Gesundheit oder Krankheit ermöglichen und die Gratwanderung zwischen Professionalität und emotionaler Zuwendung ins Bewusstsein rufen.