Erschienen in:
29.06.2021 | Gelenkinfektionen | Originalien
Implementierung eines standardisierten Test-Kits zur Diagnostik von periprothetischen Infektionen in der klinischen Routine
verfasst von:
PD Dr. med. habil. Y. Gramlich, M. Kremer, Chr. Brüning, J. Breuer, L. Hofmann, A. Klug, R. Hoffmann
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 5/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Zahl der endoprothetischen Primär- und Revisionsoperationen steigt. Umso mehr zeigt sich die Notwendigkeit einer standardisierten und leitliniengerechten Diagnostik zur sicheren Detektion eines periprothetischen Infektes (PPI). Verschiedene Organisationen haben in den letzten 10 Jahren ihre Definitionen des PPI bei Blut- und Synovialproben publiziert, mit einigen Alleinstellungsmerkmalen, v. a. aber deutlichen Überschneidungen in den richtungweisenden Tests. Die Einführung eines klinikinternen Standard-Test-Kits könnte helfen, die immer komplexere Anforderung an die PPI-Diagnostik für den Anwender zu vereinfachen und gleichzeitig die diagnostische Qualität zu verbessern.
Methode
In einer monozentrischen prospektiven Studie wurde im Jahr 2016 ein Test-Kit unter Berücksichtigung der International-Consensus-Meeting(ICM)-Kriterien 2014 und der Infectious-Diseases-Society-of-America(IDSA)-Kriterien zusammengestellt, welches zugleich die Definitionen der ICM-Kriterien 2018 und der Kriterien der European Bone and Joint Infection Society (2021) erfüllt. Das Test-Kit wurde in das klinische Setting eines überregionalen Traumazentrums mit Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung und spezieller septischer Chirurgie implementiert, und die Verwendung des Test-Kits als auch die Beurteilbarkeit der beiliegenden Tests wurden bei Gelenkpunktion untersucht.
Ergebnis
Es konnte ein Test-Kit zusammengestellt werden, unter Verwendung von: Blutproben (kleines Blutbild, inkl. Leukozyten und C‑reaktives Protein [CRP]), Proben zur Untersuchung der Gelenkflüssigkeit (Zellzahl, Zelldifferenzierung, Blutkultur zur mikrobiologischen Bebrütung über 14 Tage,α-Defensin-Labortest und Leukozytenesterase-Teststreifen) nebst Aufklärung und Anforderungsscheinen. Zwischen April 2016 und Februar 2020 konnten 405 Patienten eingeschlossen werden. Binnen 3 Kalenderjahren stieg die Nutzung des Test-Kits von anfänglich 59 % über 86 % bis zuletzt im 3. Kalenderjahr auf 96% der Fälle. Der Leukozytenesterase-Teststreifen war nur in 72% d. F. auswertbar, aufgrund undifferenzierter Ablesbarkeit oder Blutbeimengung. Die Kosten stiegen durch den α‑Defensin-Labortest um ca. 52 €/Punktion. Der beste Einzeltest zeigte mit α‑Defensin eine Sensitivität/Spezifität von 92,8 %/95,2 %. Durch statistische Modelle wurde berechnet, welche Kombinationen eine ähnliche Testgüte zeigen; hier zeigen verschiedene Kombinationen wie z. B. CRP+ Zellzahl+Mikrobiologie eine Sens./Spez. um je 90 %. Eine Herausforderung für die präoperative Diagnostik ist eine Metallose.
Diskussion
In der prospektiven Studie konnte gezeigt werden, dass durch Implementierung des standardisierten Test-Kits in jedem der Fälle ein periprothetischer Infekt mittels leitliniengerechter Diagnostik der Blut- und Synovialproben auszuschließen war. Die Diagnostikqualität wurde erheblich gesteigert und gleichzeitig das durchführende Personal entlastet. Aktuell existiert kein Einzeltest, der einen Infekt sicher ausschließt oder beweist. Der α‑Defensin-Labortest zeigte die beste Testgüte, wobei die Betrachtung von Testkombinationen obligat und gleichsam sicher ist.