Cannabis: Bald ohne Betäubungsmittelrezept?

Eine Legalisierung des Cannabis-Freizeitkonsum bedeutet nicht das Ende der Verordnungsfähigkeit von Medizinalcannabis. Möglicherweise sinkt damit aber das Missbrauchspotenzial. Medizinalcannabis wird nach der Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch nicht verschwinden, erklärte Prof. Dr. Oliver Pogarell von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein gesondertes Medizinalcannabis Gesetz geplant, dass die bereits bestehenden Regelungen überwiegend übernehmen wird. Nur die Verordnung auf einem besonderen Betäubungsmittelrezept wird zukünftig nicht mehr notwendig sein, sagte er. Medizinalcannabis-Legalisierung und Begleiterhebung Als 2017 das Cannabisgesetz explizit arzneimittelrechtlich nicht zugelassene Arzneimittel auf Cannabis-Basis zuließ, wurden Cannabisblüten und Extrakte ohne Pflicht zum Nachweis von Wirksamkeit und Sicherheit zulasten der Gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig. Parallel sollten Verordnende an einer Begleiterhebung teilnehmen. Da die Erhebung anonymisiert erfolgte, war allerdings kein Nachfragen bei unklaren Angaben und keine Kontrolle der Teilnahme möglich, bedauert Dr. Peter Cramer-Schaeffer, Facharzt für Anästhesie und Leiter der Bundesopiumstelle am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn. Bis Anfang 2022 waren im Online-Portal des BfArM 16.809 Behandlungsdaten auswertbar – es hätten sonst 50.000 Datensätze sein können, glaubt er. Das häufigste verordnete Cannabispräparat war nach der Begleiterhebung Dronabinol (Tetrahydrocannabinol, THC, 62,2%) gefolgt von Cannabisblüten (16,5%), Cannabisextrakten (13%) und dem schon vor 2017 verordnungsfähigen Sativex® (8%). Die Verordnung erfolgte in etwa 76% der Fälle wegen Schmerzen, bei 10% wegen Spastik, bei 5% wegen Anorexie oder Wasting und bei jeweils 4% wegen Übelkeit/Erbrechen beziehungsweise Depression. Außerdem wurden ADHS, Appetitlosigkeit, entzündliche Darmerkrankung, Tic-Erkrankung/ Tourette-Syndrom, Epilepsie, Restless-Legs-Syndrom und Schlafstörungen als Verordnungsgründe angegeben. Cannabisblüten-Anwendung ist anders Auffällig waren Besonderheiten bei den Verordnungen von Cannabisblüten: Die Patienten und Patientinnen waren jünger (im Median 46 Jahre vs. 57 Jahren über alle Verordnungen hinweg) und Männer überwogen (67,4%, in gesamten Datensatz 46%). Der Anteil der Verordnungen aus „sonstigen Gründen“ war bei Blüten größer als bei anderem Medizinalcannabis. Die mittlere THC-Dosis lag bei Cannabisblüten-Verordnung bei 249 mg, bei Verwendung von Dronabinol, Cannabisextrakten und Sativex® dagegen bei 15 mg. In der Begleiterhebung wird ausdrücklich auf diese Besonderheiten hingewiesen. Ärztinnen und Ärzte sollten die Gefahr von Missbrauch und Abhängigkeit bei der Therapieplanung mit Cannabisblüten beachten [1]. Bei Legalisierung von Cannabis zum Freizeitgebrauch könnte das Missbrauchspotenzial von Medizinalcannabis sinken – je nach Preisniveau. basierend auf: Prof. Dr. Oliver Pogarell,Symposium „Medizinisches Cannabis – Fluch oder Segen?“ DGPPN-Kongress 2023, Berlin, 29. November bis 2. Dezember 2023 Alle Beiträge vom Psychiatriekongress finden Sie im DGPPN-Kongressdossier 2023. Empfehlung der Redaktion DGPPN 2023 Deutscher Psychiatriekongress 2023 29. November - 2. Dezember 2023 | Berlin Bei schwerstgradiger Anorexie ist auch eine von Beginn an normokalorische Wiederernährung ohne Risiko eines Refeeding-Syndroms möglich. Auf dem DGPPN-Kongress in Berlin wurde besprochen, welche Vorsichtsmaßnahmen dabei wichtig sind. Diskutiert wurde zudem die Datenlage zu Psilocybin und Esketamin bei Depressionen. Unsere komplette Berichterstattung finden Sie im Kongressdossier.

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