Relevante Impfnebenwirkungen im HNO-Bereich

Nach der Impfung mit einer Vakzine gegen SARS‑CoV‑2 kann es zu den unterschiedlichsten Impfreaktionen und Nebenwirkungen kommen. Welche unerwünschten Ereignisse an Ohren, Nase und Rachen bisher auftraten, hat nun eine Forschungsgruppe aus den USA zusammengetragen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Für seine Studie verwendete das Team um die HNO-Ärztin Salma Ahsanuddin vom Albert Einstein College of Medicine, Monteﬁore Medical Center, New York, Daten des US-amerikanischen Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) der Food and Drug Administration (FDA). Die Forschenden wollten Impfreaktionen und Nebenwirkungen der COVID-19-Impfung mit denen anderer Impfstoffe vergleichen. Dazu ermittelten sie alle unerwünschten Ereignisse der COVID-19-Impfung, die zwischen dem 1. Dezember 2020 und dem 1. Mai 2021 für die drei in den USA zugelassenen Impfstoffe von Pﬁzer-BioNTech, Moderna und Jannsen registriert worden waren. Die Gesamtzahl der nach der COVID-19-Impfung mit den drei Vakzinen gemeldeten unerwünschten Wirkungen belief sich auf 1.280.950. Davon betrafen 62.660 (4,9%) das Ohr, die Nase, das Gesicht, den Kopf oder den Hals-Rachen-Raum und/oder fielen in den Tätigkeitsbereich eines HNO-Arztes bzw. einer -Ärztin. Pharynx und Larynx häufig betroffen Unter Berücksichtigung der spezifischen anatomischen Region war der größte Anteil der unerwünschten Wirkungen auf den Oropharynx und den Larynx beschränkt (32,6%), danach folgten Nasenhöhle/Nasennebenhöhlen (18,3%), Ohr/vestibuläres System (17,1%), Mundhöhle (10,0%) und andere Bereiche (21,9%). Die Top-5-Beschwerden in der HNO-Heilkunde waren: Larynxbeschwerden/Schwellungen/Krämpfe (7.502 Fälle), oropharyngeale Beschwerden/Schwellungen/Krämpfe (5.251), Nackenschmerzen (4.791), Tinnitus (4.377) und gestörter Geschmackssinn (3.554). Um Vergleiche mit anderen Impfstoffen anzustellen, wurden die Proportional Reporting Ratio (PRR) sowie die Reporting Odds Ratio (ROR) berechnet. Zur Ermittlung der PRR wird das Verhältnis der jeweils in der VAERS-Datenbank vermerkten Anzahl m der Fälle einer spezifischen Nebenwirkung zur Gesamtzahl n der Nebenwirkungen für den COVID-19-Impfstoff berechnet. Das Ergebnis wird durch das Verhältnis der Zahl M–m der spezifischen zur Zahl N–n aller Nebenwirkungen für sämtliche anderen Impfstoffe, wie etwa Influenza-Impfstoffe geteilt. Ein Wert von ≥ 2 weist auf ein Signal hin, das größer als das Hintergrundrauschen ist. Beim ROR deutet ein Wert von mehr als 1 für die untere Grenze des 95%igen Konfidenzintervalls auf ein Signal hin. Im Oropharynx und Larynx überstieg das Signalverhältnis signiﬁkante Werte für die Symptome Engegefühl im Hals (n = 3.666, PRR: 4,99, ROR: 5,00), Rachenreizung (n = 3.313, PRR: 4,51, ROR: 4,52) und Dysphagie (n = 2.538, PRR: 2,07, ROR: 2,07). In der Nasenhöhle und den Nasennebenhöhlen traten vier verschiedene Nebenwirkungen auf, bei denen das Signalverhältnis signiﬁkant war: Dysgeusie (n = 2.124, PRR: 17,33, ROR: 16,36), Ageusie (n = 1.376, PRR: 2,81, ROR: 2,81), Anosmie (n = 983, PRR: 4,01, ROR: 4,01) und Rhinorrhö (n = 2.203, PRR: 2,99, ROR: 3,00). Im Bereich Ohren/vestibuläres System wurden Tinnitus (n = 4377, PRR: 3,97, ROR: 3,98) und Schwindel (n = 2887, PRR: 3,93, ROR: 3,93) mit signiﬁkanten Signalverhältnissen gemeldet. Dagegen wurden Ohrenschmerzen und Hörbehinderungen nicht als signiﬁkant eingestuft. Ebenso erreichten die Signalverhältnisse bei keiner der Nebenwirkungen in der Mundhöhle, einschließlich Zungenschwellung oder oraler Beschwerden, Signifikanz. Trotz einiger Berichte über Gesichtslähmungen, Fazialisparesen und Anaphylaxien nach Impfungen gegen SARS‑CoV‑2 wurde kein signiﬁkantes Ausmaß festgestellt. Kausalität nicht belegt „Unsere Studie ergab, dass die mit dem Impfstoff zusammenhängenden Nebenwirkungen aus dem Bereich HNO eine Minderheit ausmachten, verglichen mit den eher systemischen unerwünschten Ereignissen wie Fieber, Myalgie und Kopfschmerzen“, so das Fazit der Studiengruppe um Ahsanuddin. Trotzdem sollten Ärztinnen und -Ärzte gewappnet und auf eine Vielzahl möglicher Bedenken der Patientinnen und Patienten gegenüber der COVID-19-Impfung vorbereitet sein. Ein Manko ihrer Studie sieht das Team um Ahsanuddin in der Datengewinnung durch VAERS, bei dem es zu einem Bias bezüglich der gemeldeten Beschwerden gekommen sein kann. Etwa könnten häufige Impfnebenwirkungen unterrepräsentiert oder Meldungen ein Echo auf häufige Berichterstattung in den Medien sein. Da die Patientinnen und Patienten die Symptome in der Datenbank selbst angeben können, sind die Angaben nicht veriﬁzierbar und die Kausalität nicht feststellbar. Darüber hinaus verhindert das Fehlen einer ungeimpften Vergleichsgruppe in der Datenbank, dass deﬁnitive Schlussfolgerungen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem Impfstatus und bestimmten Nebenwirkungen gezogen werden können. Es kann auch vorkommen, dass Patienten über bereits bestehende Nebenwirkungen berichten, die möglicherweise auf eine frühere Infektion mit dem Virus zurückzuführen sind. Nach Meinung von Ahsanuddin et al. sind deshalb weitere epidemiologische Analysen erforderlich, um ihre Ergebnisse zu untermauern. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Impfnebenwirkungen und unerwünschten Ereignisse wurden nach der COVID-19-Impfung in der US-amerikanischen Datenbank VAERS im HNO-Bereich gemeldet? Antwort: Im Vergleich zu unerwünschten Ereignissen, die für andere Impfungen gemeldet wurden, wurden nach Gabe der drei in den USA zugelassenen Vakzinen gegen SARS‑CoV‑2 signifikant häufiger Dysgeusie, Ageusie, Anosmie, Tinnitus, Engegefühl/Reizung im Hals, Dysphagie und Rhinorrhö gemeldet. Bedeutung: Wenn auch eher selten, können Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe auch Hals, Nase und Ohren betreffen. Einschränkung: Es könnte ein Selektionsbias vorliegen, Patientenangaben sind nicht verifizierbar.

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